Vegetative Säule
Künstler: Emil Cimiotti (*1927), Braunschweig
Ort: Reinhäuser Landstraße 4, Innenhof Landkreisgebäude
Objekt: Bronzeguss, 1986
Zuständigkeit: Landkreis Göttingen
Gestiftet von den ehemaligen Kreissparkassen Duderstadt, Hann. Münden und Göttingen.
Emil Cimiottis Bronzen wirken wie frei wuchernde organische Formen. Für viele plastisch arbeitende Künstler war das Informel in den 50er Jahren im Nachkriegsdeutschland ein kurzes Durchgangsstadium, in dem sie die Spontanität ihrer expressiven Gesten ausprobierten, bevor sie sich wieder der traditionellen Darstellung massiver plastischer Körper zuwandten. Cimiotti (geboren 1927 in Göttingen), der in Stuttgart, Berlin und Paris Kunst studierte, dagegen wird als Bildhauer zum stärksten Exponenten dieser Bewegung. Seine Werke wurden 1958 im italienischen Pavillon, zwei Jahre später, 1960, im deutschen Pavillon auf der Biennale in Venedig und auf der documenta II und III (1959, 1964) gezeigt. Seine Werke, die bis auf den Zeitraum von 1966 bis 1973 sämtlich im verlorenen Guss (cire perdu) gegossen wurden, bei dem das zuvor in Wachs geformte Werk durch den Guss zerstört wird, bieten Wachstum statt anatomischer Darstellung, setzen statt auf Masse und Volumen auf raumgreifende Ausbreitung. Es entstehen Unikate, die nicht mehr überarbeitet bzw. poliert, sondern gußrau belassen werden. Mit den Schlieren von Finger- und Spachtelspuren auf der Oberfläche verweisen sie auf die unmittelbare Formulierung in Wachs.
Bei den vegetativen Formen der Arbeiten der 70er bis 90er Jahre wie auch der „Vegetative Säule“ im Innenhof des Landkreisgebäudes erfolgt allerdings zunehmend eine strengere Anbindung der strukturellen, organischen Wucherung an eine darunter liegende, architektonisch motivierte Form. Dennoch ist der Künstler, der 1961 als Gründungsmitglied an die Hochschule für Bildende Künste nach Braunschweig auf den Lehrstuhl für Bildhauerei berufen wurde, in der Konsequenz vielleicht der einzige, der durchgängig in seinem Lebenswerk das Informel durchspielt und dabei das Dekorative und Florale nicht scheut. Cimiottis Werke in Göttingen zeigen sowohl die stilistische Entwicklung als auch die Kontinuität innerhalb seines Schaffens.
Siehe auch:
Offene Form