Stolperstein für Hermann Hirsch
Stolperstein für Hermann Hirsch
Weender Landstraße 12
verlegt am 17. März 2015
Hermann Hirsch wurde am 4. Juni 1861 in Rheydt als jüngster Sohn des jüdischen Appreteurs Moritz Hirsch (1816–1873) und Rosetta Hirsch, geb. Niehl (1819–1895) geboren. Nach dem Besuch eines Gymnasiums in Köln bis 1874 absolvierte Hirsch eine Lehre als Holzzeichner und -stecher bei Brend' amour in Düsseldorf. Eine Unterstützung durch seinen Onkel ermöglichte ihm 1881 die Aufnahme des Studiums an der Königlichen Akademie der Künste zu Berlin. Hermann Hirsch wurde dort bis 1885 u.a. bei O. Brausewetter, P. Thumann und O. Knille (1. Preis der Antikenklasse 1884) ausgebildet. 1886 schloss Hirsch noch ein Semester an der Kunstakademie Düsseldorf an, wo er die Klassen von J. Roeting und E. v. Gebhardt besuchte.
Hirschs Lebensmittelpunkt von 1880 bis 1914 war Berlin. Dort war er von 1886 bis 1914 Mitglied im Verein Berliner Künstler. Seinen Lebensunterhalt bestritt er ab den 1880er-Jahren mit der Anfertigung von Illustrationen für auflagenstarke Wochenzeitungen. Zwischen 1892 und 1914 war Hirsch in neun Jahren mit Werken auf den Großen Berliner Kunstausstellungen vertreten. In diese Zeit fallen auch teils längere Aufenthalte des Künstlers in Italien (auf Capri und Sizilien) und in der Schweiz. Von 1901 bis 1909 war er ordentliches Mitglied im Deutschen Künstler-Verein in Rom und nahm an dessen Ausstellungen 1902 und 1909 teil.
1918 kaufte Hermann Hirsch durch Vermittlung seiner Schwester Julie Hendel (geb. Hirsch, 1856-1944 in Kapstadt) das Haus Nummer 93 (heute: An der Waldbühne 1) in Bremke bei Göttingen. Er wurde formelles Mitglied der Jüdischen Gemeinde in Bremke. Kommerziell orientierte sich der Künstler nach Göttingen, 1921 waren erstmals Bilder von ihm in einer Göttinger Kunsthandlung ausgestellt. Zwischen 1926 und 1932 nahm er fünf Mal mit Bildern und Plastiken an den Ausstellungen der Vereinigung Göttinger Kunstfreunde teil. Diese Ausstellungen und vor allem seine Porträts von Mitgliedern des Göttinger akademischen Bürgertums (des Nobelpreisträgers Max Born) begründeten seinen Ruf als führender Porträtist und Landschaftsmaler der Region. 1925 kehrt Hirsch für kurze Zeit noch einmal nach Italien zurück und brachte Bilder aus Mondello bei Palermo wieder mit zurück nach Bremke. Noch im Februar 1932 wurde er Mitglied im Gemeindeausschuss des Dorfes.
Angesichts des nun auch handgreiflichen Antisemitismus im Dorf übersiedelte Hirsch Anfang Mai 1933 nach Göttingen: Weender Landstraße 12. Seine Verwandten, die Familie des Arztes Julius Kaufmann, wohnten gegenüber. In der Stadt erlebte er noch ein dreiviertel Jahr fortschreitende Diskriminierung und Entrechtung. Im Alter von 73 Jahren, am 1. März 1934, nahm er sich in seiner Wohnung das Leben.
(Text: Dr. Rainer Driever)
Quellen:
Rainer Driever: Hermann Hirsch (1861–1934) – Ein jüdischer Maler in Göttingen. Städtischen Museum Göttingen, Göttingen 2009, S. 7–29
Ders.: Hermann Hirsch (1861–1934) – Werkverzeichnis, Verlag Die Werkstatt, Göttingen 2010.
Gedenkbuch (1992), S. 96
Leo Baeck Institute Archives: Papers of the Ludwig Philippson Family, Family trees sowie Nachlass Alfred Philippson und Papers of Susanne B. Hirt (1913–2006)