Mahnmal Synagoge
Künstler: Corrado Cagli (1910-1976), Rom
Ort: Platz der ehemaligen Synagoge, Obere- und Untere- Masch-Straße
Objekt: Stahl-/Betonkonstruktion, 1970-1973
Zuständigkeit: Fachdienst Kultur der Stadt Göttingen
Das „Mahnmal Synagoge“ steht dort, wo 1938 in der Reichspogromnacht der neoromanische Bau der Göttinger Synagoge niederbrannte. Nach 32 Jahren städtebaulicher Lücke beauftragte die Stadt Göttingen Corrado Cagli 1970 mit dem Entwurf für ein Mahnmal. Der italienische Künstler mit jüdischen Wurzeln gehörte vor und nach dem 2. Weltkrieg zu den führenden Köpfen im Kulturbetrieb Roms. Seine erste deutsche Retrospektive, die ihn 1970 nach Göttingen führte, zeigte eine große Bandbreite, die von Zeichnungen, Wandteppichen, skulpturalen Objekten bis hin zu monumentalen Fresken des Malers Cagli reichte, aber kein freiplastisches Werk.
Das Göttinger „Mahnmal Synagoge“, das 1973 nach den Vorgaben des kleinformatigen, skulpturalen Modells von Cagli in fünf mal fünf Meter Ausmaß fertiggestellt wurde, behauptet im Gesamtwerk des Künstlers eine Sonderstellung. Was zunächst als lebhaft in den Raum ausschwingende, reine Abstraktion aus Stahlröhren überzeugt, eröffnet beim Nähertreten einen raumhaltigen zentralen Unterbau, der durch Spiegelung der geometrischen Dreieckform zum Davidstern eine symbolische Dimension erhält. Die gesamte räumliche Konstellation der Skulptur ist über dem Grundriss dieses repräsentativen Glaubenssymbols aufgebaut. Cagli, der 1938 nach Amerika flüchten musste, auf amerikanischer Seite als Soldat aktiv gegen den Faschismus kämpfte und der die Befreiung des Lagers Buchenwald miterlebte, gelang es, über der sicheren T-Trägerkonstruktion der stählernen Symbolfigur das gleichschenklige Dreieck aus Stahlröhren in stetiger Verjüngung so übereinander zu schichten, dass nichts – nicht einmal ein Gedanke – in monumentaler Erstarrung verhaftet bleibt. Röhrendreiecke werden 86 Mal gestapelt und 85 Mal in ihrer Kantenlänge verkürzt. Durch eine Verrückung um vier Grad in der Drehachse werden sie scheinbar rotierend um den inhaltlichen Mittelpunkt gelegt. Sie geben der Skulptur ihren Rhythmus und Takt, während der zweifache Richtungswechsel des Aufbaus das gesamte Gebilde zudem noch in pendelhaften Linienschwung versetzt.
Der Platz der Synagoge wird für jährlich stattfindende Gedenkfeiern genutzt.
Das Mahnmal trägt die Inschrift:
Berge werden weichen und Hügel wanken,
Aber meine Gnade wird von dir nicht weichen.
Jesaia 54, Vers 10
Zum Gedenken an die 282, im Nationalsozialismus ermordeten jüdischen Bürger/innen aus Stadt und Kreis Göttingen wurden 1995 fünf Bronze-Namenstafeln angebracht.
Patenschaft: Firma Funke, Stahlbau
Siehe auch:
Nähere Informationen zum Mahnmal unter www.gcjz-goettingen.de
360-Grad-Ansicht
Um visuell den zentralen Unterbau des Mahnmals und die räumliche Konstellation der Skulptur erleben zu können, gibt es hier eine 360-Grad-Ansicht.
(Fotograf: Niklas Richter)
Eine bildschirmfüllende Darstellung, in der ein Hinein- und Herauszoomen sowie Drehen möglich ist, ist browserabhängig. Zur Vollbildversion geht es hier.